Kambodscha / BANGKOK

"Besitz bringt die Qual der Sorge um ihn;

Armut bringt die Qual des endlosen Nachdenkens."

- Sprichwort der Khmer -

"Bei Elephanten schaut man auf den Schwanz, 

bei der Frau auf die Mutter"

-Sprichwort der Thai -

Visarun

 

So, es war soweit. Nachdem nun fast einen Monat im Eiltempo an uns vorbeigezogen ist, seit wir aus Borneo nach Indonesien zurückkamen, mussten wir unser Visum erneuern. Hierzu muss man das Land verlassen, kann aber danach sofort wieder einreisen. Wir wussten, dass es soweit kommen würde und hatten uns bereits schon im Vorfeld mit den möglichen Optionen und Flüge beschäftigt. Ausgiebig beschäftigt. Und so sassen wir nun im Flugzeug von Bali aus über Bangkok nach Siem Reap in Kambodscha. Denn wann hat man schon mal die Chance, sich "schnell" Ankor Wat anzusehen? Einen Vorgeschmack erhielten wir ja bereits auf Java in Form des Pranbanan-Tempelkomplexes. Nun wollten wir auch noch die grösste solche Tempelanlage der Welt sehen und ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe von unserer Liste abhaken.
Bekannt in Europa ist Kambodscha wahrscheinlich vor allem aufgrund seiner Geschichte der Kmehr. Zudem wegen seiner jüngeren, sehr blutigen Geschichte der Roten Kmehr. Einem in der Geschichte beispiellosem Genozid am eigenen Volk in Form eines Steinzeitkommunismus, von dem sich das Land bis heute noch nicht erholt hat, zumal viele Verantwortliche bis zu ihrem Lebensende in hohem Alter nicht zur Rechenschaft gezogen wurden.
Und ach ja, ganz aktuell erschien Kambodscha in Zusammenhang mit der australischen Flüchtlingspolitik in unseren Zeitungen. Nach der Zwangsräumung und Schliessung der Flüchtlingslager auf der Insel Nauru zahlte Australien Kambodscha eine grosse Summe Geld, um Flüchtlinge aufzunehmen.
Wir kamen also am Flughafen an und alles schien recht neu uns sauber. Wir brauchten ein Visum, welches wir direkt bei Ankunft vor Ort kaufen konnten. Natürlich gegen harte Währung, US-Dollars! Etwa geschätzte 10 Angestellte waren hierfür verantwortlich. Alle in geschniegelter Uniform und sehr wichtig ausschauend. Das Geld wanderte alles in einen Koffer, welcher am Abend whs irgendeinem Funktionär der Partei übergeben wird. Ab dann weiss vermutlich niemand mehr, wohin das Geld geht, denn Korruption ist eines der grössten Probleme in Kambodscha. Auf dem Korruptionsindex von Transparency International steht Kambodscha an 161. von 180 Stellen. Wir zahlten also cash und ein paar Minuten später waren wir stolze Besitzer eines Einreisevisums. Am Ausgang wurden wir bereits vom vororganisierten Abhol-TukTuk in Empfang genommen. Unser Fahrer sprach sehr gut Englisch und war freundlich. Auffallend waren seine zerfressenen Schneidezähne. Völlig vertrauensselig erzählte er uns, dass dies vom Ice-Rauchen käme. Überhaupt konnte man bei ihm so ziemlich alles an Drogen kaufen, was der Markt hergab. In Kambodscha ist z.B. das Marjhuanarauchen faktisch verboten, praktisch aber legal.
Im Hotel angekommen richteten wir uns erst ein bisschen in unseren Zimmern ein. Diese waren spartanisch mit kleiner Dusche, dafür klimatisiert und mehr oder weniger sauber. Wir waren auch nicht alleine im Hotel, sondern mit anderen, meist jungen Reisenden (ja, wir gelten noch als jung;)). Simkarten erhielten wir am Empfang sowie Touristenkarten von Ankor Wat und Umgebung. Aber heute interessierte uns das noch nicht. Stattessen liessen wir uns von unserem TukTuk-Fahrer zum Beung Tonle Sap fahren, dem grossen See Kambodschas. Zum Glück war Trockenzeit, denn während der nassen Zeit wären grosse Teile der umliegenden Fläche unter Wasser. Alle Häuser sind deswegen auch auf Pfählen errichtet. Die Fahrt dauerte ca. 20 Minuten, Verkehr war für südostasiatische Verhältnisse wenig. Und Ice-Man fuhr das TukTuk sicher und zielstrebig. Am Hafen angekommen buchten wir eine kleine Schiffstour zum Floatingvillage am Rande des Sees. Carl handelte uns einen tollen Preis aus, während ich uns eine kühle, goldene und kohlensäurehaltige Erfrischung für unterwegs besorgte. Das Boot hatten wir für uns (andere Boote waren voll mit Chinesen). Es wurde in einfachster Weise gesteuert, nämlich über einen Seilzug, welcher das Ruder am Schiffsheck bewegte. Auch die Crew hatte sich am ersten Geschäft ausserhalb des Hafens Bier besorgt. Wenn es um Trinkgewohnheiten geht, trinken die Kambodschaner schnell und viel, angespornt durch die Bierhersteller. Den mit jeder geöffneten Dose kann man in Kambodscha Geld oder noch mehr Bier gewinnen. Man kann es sich wie eine Lotterie vorstellen. Man öffnet die Dose und auf der Innenseite steht geschrieben, ob man gewonnen hat. Wir gewannen während unserer Zeit in Kambodscha ein paar Dosen Bier, die wir aber stets Ice-Man (Spitzname unseres TukTuk-Fahrers) gaben. Im Village angekommen wurden wir auf eine dieser schwimmenden Touri-Plattformen gebracht. Hier gab es ausser Chinesen noch mehr Bier, eine Krokodilsfarm, einen angeketteten, durchgeknallten Affen sowie eine recht tolle Sicht über den See und das schwimmende Dorf. Wir tranken also Alkoholikas und philosophierten über unsere Erlebnisse, den angeketteten Affen sowie über die noch kommenden Abenteuer. Schliesslich waren wir angeheitert und die letzten auf der Plattform, als langsam die Dunkelheit hereinbrach. Zurückgefahren wurden wir vom Kapitän alleine. Die restliche Crew blieb beim Kartenspiel auf der Plattform. Wieder am Hafen angekommen war unser Ice-Man nirgens zu sehen. Beschwipst fanden wir ihn in der nächsten Strassenbar. Während unserer Tour hoffte anscheinend auch er, die Bierlotterie gewinnen zu können. Acht mal versuchte er es, bevor wir wieder da waren. Auf dem Nachhauseweg fuhren wir am Haus von Ice-Man vorbei und er fragte uns, ob wir kurz seiner Familie hallo sagen wollten. Und so hatten wir die Gelegenheit, eines dieser Stelzenläufer auch von innen zu sehen. Das Haus bestand prinzipiell aus zwei Räumen. Im ersten sass seine Mutter vor dem Fernsehgerät. Sie war whs zwischen 50 - 60 Jahre alt, war übergewichtig und kratzte sich unentwegt. Ihre ganze Haut war übersäht mit Spuren ihrer Fingernägel. Ich tippte auf eine Milbenerkrankung (die Krätze), war mir aber nicht sicher. Wir gaben ihr die Hand und ich hoffte, falls es Milben waren, dass alle Tierchen schön bei ihr bleiben würden. Im zweiten Raum trafen wir auf deine beiden Kinder, ein Mädchen und ihr jüngerer Bruder. Beide waren voller Interesse, was Papa da mit nach Hause brachte. Sie freuten sich offensichtlich und als Carl begann, den herumliegenden Fussball dem Jungen zu zuschieben, entstand ein kleines Spiel. Wir sassen alle im Kreis, schossen den Ball hin und her, während Ice-Man von sich und seiner Familie erzählte. Er war anscheinend eine Art Patenkind eines Australiers, der auch heute noch regelmässig Geld überweist. Einerseits zum Leben, andererseits für die Schuhlausbildung der Kinder. Er erzählt mit einer vom Alkohol gelockerten Zunge ca. 30min am Stück. Es war eine tolle Erfahrung. Als es später wurde, verabschiedeten wir uns von der Mutter und den Kindern, die winkend hinter dem Tuck-Tuck herliefen. Im Hotel gab es noch einen "Schlumi" an der Bar, bevor wir uns schlafen legten. Morgen würde uns Ice-Man früh morgens in Richtung der Ruinen fahren.
Um ca. 8:00 Uhr ging es los. Wir verzichteten auf den Sonnenaufgang bei den Ruinen. Es muss da dann wohl ziemlich gedrängt zugehen und man müsste um 05:00 aufstehen. Kam also für uns nicht in Frage. Dafür waren um diese Zeit die Ticketschalter wie ausgestorben. Wir hatten unsere Tickets also ziemlich bald in der Hand. Wir machten die kleine Tour zum Starten, am Folgetag planten wir dann die grosse Tour, die einem noch ein wenig ins Umland von Siem Reap führen würde. Denn die grossartigen Bauwerke der Khmer beschränken sich nicht nur auf Ankor Wat. Dies ist nur die berühmteste Tempelanlage. Und so starteten wir bei zwei kleineren Anlagen. Die eine davon berühmt aus den Tomb Raider Filmen mit Angelina Jolie. Entsprechend hatte es die eine oder andere Chinesengruppe vor Ort, die ein wenig nervten. So musste man bei berühmten Fotosujet ein wenig warten, bis man ein gutes Foto ohne Menschen drauf ablichten konnte. Aber sonst waren die Anlagen einfach überwältigend. Die entsprechenden Fotos hat Mirjam ja bereits hochgeladen. Und dies sind nur die Besten, also die Spitze vom Eisberg so zu sagen. Man streift durch diese Anlagen, die zum Teil renoviert sind, teilweise in sich zusammengefallen oder noch gar nicht zu Tage gefördert wurden. Wir betrachteten und philosophierten über die Architektur, anhand derer wir die einzelnen Ruinen zeitlich einzuordnen versuchten. Vor Beginn der Besichtigung machten wir uns nämlich im Museum schlau (habe ich euch erst unterschlagen, sorry).
Und so besuchten wir in der unerbittlichen Hitze Kambodschas zwei bis drei Tempelanlagen, bis wir schliesslich nach Ankor Tomb kamen. Dies war eine der letzten errichteten Tempelbauten des späten Khmerreiches, in Auftrag gegeben von König Suryavarman II. Eine fantastische Anlage, welche einerseits gut erhalten und ansonsten bereits renoviert war. Ankor Tomp stellte zur damaligen Zeit das religiöse Zentrum dar, und so verwundert es nicht, dass einem hunderte buddhistische und hinduistische Steingesichter von den Wänden herab anschauten. Einfach fantastisch.
Danach ging es für den nahenden Sonnenuntergang zur höchstgelegenen Tempelanlage der Region, von der aus man die beste Sicht auf Sonnenuntergang und Ankor Wat hatte. Um hochzukommen musste man erst 15 min in der immer noch herrschenden Hitze den Berg hochlatschen um anschliessen für die Anlage anzustehen. Glücklicherweise waren wir rechtzeitig da, so dass wir kurz vor Untergang in der Anlage waren. Die Aussicht war toll und der Sonnenuntergang wolkenfrei. Danach ging es via einer köstlichen Mahlzeit auf dem Nightmarket von Siem (da gibt es von Insekten über Taranteln und Skorpionen alles zum Essen, was das Herz begehrt), zurück ins Hotel. 

Pünktlich fuhren wir in Richtung Tempelanlagen ab. Auf dem Weg dahin machten wir Halt bei einem von Dr. Beat Richners Kinderspitäler. Bereits früh morgens herrschte grosser Andrang am Haupt- sowie an den Nebeneingängen. Für Touristen gibt es eine kleine Tour mit Film und Informationsmaterial. Die präsentierten Zahlen waren schon sehr eindrücklich. Impfbare Kinderkrankheiten sind in Kambodscha praktisch ausgelöscht und 3/4 aller Kambodschaner wurden bereits in einem von seinen Spitälern behandelt. Auch die Geburtensterblichkeitsrate sowohl der Kinder wie auch der Mütter sind mittlerweile vergleichbar mit "westlichen" Ländern. Zur Unterstützung seines Werkes kauften wir eines seiner Bücher und machten uns weiter auf den Weg um die Spuren des antiken Ankors zu erkunden. Die weiter abgelegenen Ruinen waren wunderschön und wir praktisch alleine. Auch waren hier die Restaurationsarbeiten noch kaum vorangeschritten, so dass man sich ein wenig wie Indiana Jones oder Lara Croft vorkam. Die Sonne brannte auch an diesem Tag unerbittlich auf unsere Häupter nieder, so dass das getrunkene Wasser fast direkt aus unseren Poren wieder rausfloss. So entdeckten wir zahlreiche, fantastische Bauten. Einige waren vollständig überdacht (auch die Korridore von einem Gebäude zum nächsten), andere wiederum von Massiven Wassergräben umgeben. Zu guter Letzt erreichten wir dann Ankor Wat. Abgesehen von den doch zahlreichen anderen Touristen war diese Anlage das Highlight unserer Kambodschatour. Eine grosse Anlage mit weiträumigen Wasserreservoiren, die leider zur jetzigen Jahreszeit vollkommen Ausgetrocknet waren. Die quadratisch angeordneten, äusseren Gänge waren verziert mit wunderbaren Reliefs. Einige stellten die Entstehung unserer Welt im hinduistischen Glauben dar (Dämonen und Götter rühren mit Hilfe der Lebensschlange auf dem Rücken einer Schildkröte aus dem Ur-Milch-Meer Butter, aus der dann unsere Welt entstand). Andere wiederum glorreiche Siegeszüge der Könige Ankors gegen Feindliche Heere und Nationen. Das innere Quadrat mit seinen vier flankierenden Türmen umgeben das Hauptgebäude, dem eigentlichen Heiligtum. Leider kann man dieses nicht mehr betreten, denn es wurde nach der Eroberung Ankors zerstört und zugemauert. Wir genossen noch ein wenig die Atmosphäre Ankors mit den herumstreifenden Mönchen, bevor wir uns auf den Weg zurück ins Hotel und anschliessend an den Flughafen machten. Unser nächstes Ziel war Bangkok.
Thailand werden die meisten von euch wahrscheinlich in auf die eine oder andere Weise bereits kennen oder bereist haben. Und Bangkok ist dabei Ankunfts- und Abflugsort. Nicht umsonst ist Bangkok die touristisch meistbesuchte Stadt der Welt, noch vor New York, London oder Paris. Bekannte von uns haben bereits in Bangkok gearbeitet, weswegen wir schon im Vorfeld mit einer Flut von Informationen und Tipps versorgt wurden. Entsprechend zielstrebig konnten wir uns in der Stadt bewegen. Wieder einmal mit Grap! Unser Hotel war ein Tochterunternehmen von Radisson und entsprechen sauber und gut ausgestattet. Es befand sich mitten im Sukhumvit 11, einem der Ausgangsorte für Expads. Dementsprechend waren sowohl das Klientel als auch die Preise eindeutig westlich, was mich nicht sehr erfreute. Wer will in Thailand für einen Kaffee schon gleichviel bezahlen wie in der Schweiz? Auch unser erster Abend auswärts konnte uns nicht wirklich mitreissen und Carl wurde sogar noch Krank (Magendarm). Den Tag hindurch verbrachten wir in Shoppingmals und liessen uns Anzüge schneidern. Am letzten Abend ging Mirjam und ich nochmals weg, dieses Mal aber in einen anderen Stadtbezirk. Der war zwar auch touristisch, die Preise aber deutlich besser und es wurde später als gedacht. Wir endeten sogar bei ausgelassenem Tanzen mit Thais in einem Club. Und dann ging es auch schon weiter, oder besser gesagt zurück nach Bali, Indonesien. Mit einem neuen Visum in der Tasche, frisch ausgestellt vom Zollbeamten am Flughafen Denpasar. Danke und Adé.

 

Fotos Siem Reap

https://www.icloud.com/sharedalbum/#B0c5NI45Mbm0fQ

 

Video Visarun:

https://vimeo.com/277602259

(PW: ankor)